April 14, 2015

Symbiosen – Zum Nutzen unserer Nutztiere

„und Gott der Herr setzte den Menschen in den Garten Eden, auf dass er ihn bebaue und bewahre“ (Mose 2.18)

Vor nun mehr fast 30 Jahren habe ich die HerrmanndorferLandwerkstätten in Glonn, vor den Toren von München gegründet, weil mir die industrielle Entwicklung der Tierproduktion und die immer stärkere Automation des Schlachtens, des Zerlegens und des Verarbeitens zunehmend missfielen. Ich hatte das starke Gefühl, dass alles in die falsche Richtung lief und das dabei die Würde von Mensch und Tier immer mehr unter die Räder geriet.

In Herrmannsdorf sollte „alles so ganz anders“ sein. Es sollte wieder zusammengebracht werden, was von Natur aus zusammengehört: die Landwirtschaft mit Pflanzen- und Tiererzeugung, die Umwandlung von Pflanzen und Tieren in Lebens-Mittel (Metzgerei, Käserei, Bäckerei, Brauerei) sowie der unmittelbare Verkauf an die Menschen, die solche Lebens-Mittel verzehren sollten und mit denen wir direkt kommunizieren wollten. Von Anfang an sollten Bauern der Region in das Netzwerk eingebunden sein. Im Zentrum stand das System „Tiere und Fleisch“. Die Tiere sollten ein gutes Leben haben und Gutes zum fressen bekommen und am Ende einen würdevollen Tod sterben. Ihr Fleisch sollte am gleichen Ort ganz frisch in Schinken und Würste verarbeitet werden.

Vor zehn Jahren gründete ich die „Erste Private Landwirtschaftliche Versuchsanstalt für eine Symbiotische Landwirtschaft“. Es sollte mein Altersprojekt sein. Ich wollte versuchen, Fleisch, Schinken und Würste noch besser zu machen, als wir es ohnehin bis dahin schon erreicht hatten und den Tieren ein noch besseres Leben zu ermöglichen, als das selbst im ausgeklügelten Stall möglich ist. Ein Experiment.

Vor sechs Jahren startete mein Sohn Karl das Projekt Herrmannstorfer Landhuhn als Zeitnutzungshuhn. Ganz wesentlich dabei war die ethische Motivation, das übliche Töten männlicher Kücken aus den Legehennen-Hochzucht zu vermeiden.

Schweine und Geflügel sind durch Hochleistungszucht sowie Intensivhaltung am stärksten in ihren Lebensbedürfnissen fast bis zur Unkenntlichkeit verformt worden. Die Grenzen dessen, was man Fortschritt nennt, sind längst überschritten.

Mit den hier vorgestellten Erfahrungen in der Nutzung von

Symbiosen in der Landwirtschaft

Symbiosen - Zum Nutzen unserer Nutztiere
Wollen wir ein wegweisendes Beispiel für einen achtsamen Umgang mit Mensch, Tier und Natur geben. Nach vielen Jahren praktischer Erfahrung ist unser Konzept, das heute denkbare und machbare Optimum in der Nutzung der Natur für unsere Lebens-Mittel zu verwirklichen, eine Messlatte, an der sich das praktische Handeln orientieren kann. Je näher wir die Messlatte kommen, desto besser.

Das Grundprinzip der Natur ist Vielfalt. De Natur kennt keine Monokulturen. Natur findet in Symbiosen statt (griechisch sym = zusammen; bios = Leben) zum gegenseitigen Nutzen und Wohlbefinden, ohne Ausnahme, überall auf der Welt, je nach Klima und Bodenverhältnissen, ob Tundra, Steppe Acker oder Wald. Unser Grundprizip ist, soweit wie möglich Polykulturen an die Stelle von Monokulturen setzen; Vielfalt statt Einfalt zu schaffen. Symbiosen finden aber auch in menschlichen Gesellschaften statt, zum Beispiel bei der Zusammenarbeit von Bauern, Lebensmittelhandwerkern und Verbrauchern zu gegenseitigen Nutzen! Wie funktioniert das nun?

Bauern der Region sind in Das Verbundsystem einbezogen. Sie züchten und ziehen ihre Tiere nach den Regeln ökologischer Tierhaltung auf. Sie bekommen dafür den angemessenen Preis. Sie liefern ihre Tiere für die Endphase des Tierlebens in die Symbiotische Weidehaltung. Dort leben die Tiere ein fast vollkommenes Leben (fast wie in der freien Natur), für eine vollkommene Fleischqualität. Die Symbiotische Landwirtschaft ist räumlich verzahnt mit einer Warmfleisch-Metzgerei. So können die Tiere ihren letzten Weg zu Fuß und ohne Aufregung gehen. Nur so sind nach meiner Erfahrung höchste Geschmacks- und Gesundheitsqualität zu erreichen – und ein gutes Gewissen.

In der Symbiotischen Weidehaltung können die Tiere ihre natürlichen Bedürfnisse weitgehend ausleben. Es soll ihnen ganz besonders gut gehen, sie sollen gesund sein und sich wohlfühlen. Dabei werden Bodenleben, Bodenfruchtbarkeit und Humusbildung gefördert. Die Landwirtschaft soll schön und abwechslungsreich sein, und die Arbeit soll den Menschen Freude machen. Und am Ende soll das Fleisch, das Fett, die Schinken und die Würste besonders gut schmecken. Sie sollen wieder Lebens-Mittel sein, Mittel zum Leben, in denen noch alles Leben von Natur aus drin ist. Anliegen ist „das Leben in den Lebens-Mittel zu schützen und zu bewahren“ auf den langen Weg vom Acker bis auf unseren Teller.

Herz und Kernstück in der Symbiotischen Landwirtschaft sind die Schweine und die Hühner, weil diese (vor allem in der letzten Phase ihres Lebens) andere Ernährungs- und Lebensweisen brauchen, als wir ihnen selbst im besten Stall bieten können. Hecken sind wichtig als Lebens- und Schutzraum. Obstbäume passen ideal in die Symbiose von Tieren und Pflanzen. Rinder und Schafe dienen im System überwiegend der Verbesserung von Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit.

Das Optimum ist eine sogenannte Koppelwirtschaft. Eine Koppel wird je nach Jahreszeit mit bis zu 20 verschiedenen Pflanzen eingesät. Alle Tiere fressen dann das frische Grün, die Schweine wühlen und fressen wie die Hühner Lebendiges, das im Boden lebt. Schweine schützen die ängstlichen Hühner vor Fuchs und Mader. Die Hühner sorgen für gute Hygiene, indem sie unermüdlich Parasiten, Insekten und Fliegen sowie mögliche Krankheitserreger von den Schweinen aus den Boden picken. So sind alle Tiere gesund, ohne vorbeugende Medikamente. Wenn die Koppel abgeerntet und von den Schweinen gepflügt ist, zieht der ganze „Wanderzirkus“ mit den mobilen Hütten, den Futterkisten, der Tränke und der Badeanstalt, auf die nächste Koppel, wo der „Tisch neu gedeckt ist“. Auch im Winter finden die Schweine noch ganz viel draußen. Die Hecken und Feldgehölze sind voll von herabfallenden Früchten und Lebendigen im Boden – all das, was Menschen nicht essen können.

Im nahegelegenen Schlacht-Fest-Haus (so genannt in Erinnerungan die ländliche Kultur des Schlachtfest) werden die Tiere achtsam und ohne Angst und Stress getötet – (kein Schrei ist zu hören). Ruhig getötete Tiere entwickeln keine Stresshormone. Die Stoffe, die sich mit der Totenstarre schnell abbauen, bleiben so länger erhalten. Das Fleisch hat eine bessere Konsistenz und hält länger. Aber auch der nicht-stoffliche Teil, den wir (noch) nicht messen können und den man mit Begriffen wie Energie, Kraft und Wirkung beschreiben könnte, bleibt länger „lebendig“. In der angeschlossenen Handwerklichen Warmfleischmetzgerei werden sodann die sauber geschlachteten Tierkörper noch warm, ohne zu kühlen, unmittelbar in den Verarbeitungsprozess gegeben. Das muss ganz schnell gehen. So brauchen wir keine Geschmacksverstärker und keine sonst üblichen Zusatzstoffe. Es ist ja von Natur aus noch alles drin. Unsere wichtigste Zutat in der Zutatenliste ist das „Leben“.

Die heute getrennten Prozessteile Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten werden wieder zusammengefügt. Der Aufwand und die Kosten für Kühlung, Verpackung und Transport sind deutlich niedriger. So wird weniger Energie gebraucht. Wir nennen das die „Ökologie der kurzen Wege“. Die Arbeit ist handwerklich, verstehbar und abwechslungsreich, keine Langeweile! Der Meister sagt der Maschine, was sie tun soll. So bleibt der Mensch Herr und die Maschine der nützliche Diener – und nicht umgekehrt.

Ganz wichtig im Verbundsystem Tiere-Fleisch ist der Verkauf unmittelbar an den Menschen, die gerne Fleisch essen und wissen wollen, wo es herkommt. So können wir ihnen erklären, was wir machen, warum wir das so machen und was wir garantiert nicht machen. Wir können so den deutlich höheren Preis erklären, glaubhaft und verstehbar machen. „Lieber halb so viel, dafür dreimal so gut“. Wir wollen uns deutlich von anonymen, technisch perfekten Supermarkt unterscheiden. Wir verkaufen „klassisch“ mit Bedienung. Da stehen sich Menschen gegenüber, vor der Theke und hinter der Theke. Sie reden miteinander, da wird beraten und verkauft; wenn das geliebte Gustostück nicht mehr da ist, gibt es ein ähnlich gutes. Wir müssen dafür sorgen und das ist ganz wichtig für die Wirtschaftlichkeit, das jedes Teil vom Tier- vom Schnäuzchen – in den Schinken und Würsten landet, die den höchsten Preis erbringen, dass nichts verschwendet wird und am Ende der Woche alles verkauft ist. Das alles ist gute alte Handwerkskunst.

Ein Verbund von Bauern, Metzgern und Verbrauchern macht es den Beteiligten möglich, aus den vorherrschenden System auszusteigen und unabhängig zu werden vom Preisdruck des klassischen Einzelhandels. Welch eine Freude und welch eine Genugtuung, sagen zu können: „Gehabt euch wohl, wir brauchen euch nicht mehr“. Bauern und Metzger können den Ausstieg in der Regel nicht alleine schaffen. Aber gemeinsam können sie das! Dafür bietet sich die altbewährte Form der Genossenschaft an, in der die Rechte und Pflichten der Partner genau geregelt sind und jeder seinen gerechten Anteil am Gesamtertrag bekommt. Für die Finanzierung sich die einzigartige Möglichkeit, Bürger ganz unterschiedlicher Herkunft und Lebensweisen einzuladen, sich finanziell zu beteiligen, ihr Geld sinnvoll einzusetzen und mitzuhelfen, dass etwas Vernünftiges entsteht, eine „Bäuerlich-Handwerkliche Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft“.

Wir haben in Herrmannsdorf bewiesen, dass eine solche Wirtschaftsweise mit einer solchen Werte-Philosophie möglich ist. Es ist zwar teurer, aber es rechnet sich für alle Beteiligten.

Es ist ohnehin höchste Zeit, Leben und Lebens-Mittel neu zu denken. © KLS 2014

Broschüre erhältlich durch: cthomas-at-schweisfurth.de 1 Exemplar 4 Euro / 2 Exemplare 5 Euro / 3 Exemplare 7 Euro

Das Link zeigt Ihnen den Weg zum "Gipfeltreffen" mit dem Filmemacher Werner Schmidbauer und dem Metzgermeister und Unternehmer Karl Ludwig Schweisfurth: