Dezember 01, 2013

Die Originale erkennt man am Hut

»Kunst ist das, was uns jenseits der Notwendigkeit der Mühe wert ist.« (William Morris)


Stapelholmer Trachten- und Tanzgruppe

Stapelholmer Trachten- und Tanzgruppe begeistert mit traditionellen Tänzen

Dass Stapelholm eine eigene Tracht besitzt, dieses Wissen verdanken wir unter anderem Statthalter des dänischen Königs Heinrich von Rantzau, der bereits Ende des 16. Jh. Zeichnungen von Trachtenbildnern in Auftrag gab, und anderen Chronisten wie Bolten oder Schröder, die sich die Mühe machten festzuhalten, welche Kleider die Stapelholmer im Alltag oder bei Festen trugen.

Charakteristisch für diese Tracht ist der so genannte Holmer Hut. Eine aus naturfarbenem Stroh geflochtene Kopfbedeckung mit im Nacken hochgeklappter Krempe, die von einem breiten Kinnband gehalten wird. Die Trachtenröcke sind meist blau, grün oder dunkelrot gefärbt, aus Beiderwand gewebt und mit verschieden breiten, senkrecht laufenden Streifen geschmückt.

Die Schürze der Frauen ist aus leichtem hellem Baumwollstoff und kürzer als der Rock. Die Bluse wird aus leichten weißen Leinen gefertigt. Die Weste ist einfarbig, aus einfachem Tuch und wird vorn mit einer einreihigen Knopfleiste geschlossen. Die Männertracht besteht aus einer Latzhose aus weißem bzw. beigefarbenem Drillich, einer hochgeschlossenen Weste aus rotem Tuch mit zwei seitlich verlaufenden, silbernen Knopfreihen und einem Leinen - Hemd mit weiten Ärmeln sowie einem Stehbund am Hals.

Damit weder diese schöne Tracht noch die Tänze der Region ganz in Vergessenheit geraten, haben sich Frauen und Männer zur Stapelholmer Tanz- und Trachtengruppe zusammengeschlossen. Am Tag der offenen Tür begeisterten sie im Stapelholm – Huus die Zuschauer und zeigten dabei nicht nur Volkstänze aus der Region, sondern aus ganz Deutschland. Ein Video von diesem Auftritt ist inzwischen im Internet eingestellt und kann über diesen Link gefunden werden.

Die Tanz und Trachtengruppe kommt aus dem Herzen Schleswig-Holsteins. Die Gestinsel Stapelholm liegt inmitten der Flusslandschaft Eider-Treene-Sorge, an der Südgrenze des alten Herzogtums Schleswig. Fruchtbares Ackerland, fettes Marschland aber auch magere und sandige Böden und Moore sind dort auf nur 160 Quadratkilometern zu finden. Der Name Stapelholm ist erstmals um 1260 in einer Urkunde erwähnt, die im Reichsarchiv zu Kopenhagen einzusehen ist. Dass sich in Stapelholm manches Brauchtum bis heute halten konnte, ist der Abgeschiedenheit dieser kleinen Region ebenso zu verdanken wie dem Engagement der Männer und Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, diese Traditionen immer wieder mit neuem Leben zu erfüllen.

Am Tag der offenen Tür begeisterte die Stapelholmer Trachtengruppe die Zuschauer. Keine Frage: Es lohnt sich, diese Trachten- und Tanzgruppe live zu erleben. Und wer rechtzeitig anfragt, der kann die Gruppe auch bitten, ins Haus zu kommen und ihre Tänze auf privaten und öffentlichen Events aufzuführen. Auch MittänzerInnen sind herzlich willkommen.

Kontaktdaten: Sönke Thede, Erfde, +49 (0) 172 759 42 59 
Textbearbeitung: Claudia Ohlsen
Link: YOUTUBE http://youtu.be/D8vxu5TOvCU

März 15, 2013

Ein Bewusstsein dafür, wie kostbar Leben ist


Petra Fischbach
Petra Fischbach, noch-Geschäftsführerin des Hamburger Hospiz Leuchtfeuer sprach beim 57. Treffen des Billbrookkreis e.V. über das, was die letzten Jahre ihr Leben war: Aufbau und Leitung des Hamburger Hospiz Leuchtfeuer. Die ehemalige Krankenschwester war vor über 12 Jahren gefragt worden, ob sie bereit sei, Hamburgs erstes Hospiz aufzubauen. Und sie sagte sofort zu. In Kürze wird sie die Leitung des Hauses einem Nachfolger übergeben.

Fischbach beeindruckte die Besucher des Nachbarschaftstreffens mit ihren einfühlsamen Beschreibungen ihrer Arbeit. Der Vorsitzende des Billbrookkreises Dieter Horchler betonte, welch ein Herzensanliegen es ihm war, Frau Fischbach vor ihrem Rückzug von dieser Aufgabe noch einmal zu Gast zu haben. Fischbach informierte über die Hospizbewegung, über die Rahmenbedingungen, unter denen Hospize heute tätig sind, über praktische Fragen wie Wartelisten und Kostenübernahmen durch Krankenkassen und vor allem darüber, dass der Abschied vom Leben in Würde und ohne Schmerzen möglich ist und die Verdrängung des Todes aus unserem Bewusstsein etwas ist, dass uns selber schadet.

Ich habe erlebt, wie Menschen in den Krankenhäusern zum Sterben in die Badezimmer verschoben werden“, erläuterte Petra Fischbach ihre Entscheidung, sich voll und ganz der Hospizbewegung zu verschreiben. Und: „Wir dürfen den Tod nicht verdrängen. Wir müssen dem Abschied vom Leben Raum geben.“ Als sie die Aufgabe übernommen hat, Leuchtfeuer Hamburg aufzubauen, gab es in Deutschland erst ein einziges Hospiz in Aachen. Aber täglich stieg die Zahl der Menschen, die an AIDS erkrankt waren und denen nicht geholfen werden konnte.

In den vergangenen 12 Jahren, so Petra Fischbach, habe die Hospizbewegung viel erreicht. Wurden alle Hospize zunächst ausschließlich privat finanziert und für die Organisatoren ein finanzieller Drahtseilakt, stehen die 180 stationären Hospize, die es heute in Deutschland gibt, relativ gut da. Jeder gesetzlich Krankenversicherte hat Anspruch auf einen Hospizplatz, wenn sein Arzt bestätigt, dass die tödliche Krankheit, an der er oder sie leidet, nicht geheilt werden kann und das Lebensende naht. Petra Fischbach: „Es war nicht einfach, die Krankenkassen dazu zu bewegen, dass sie die Kosten übernehmen.“ 10 % der Kosten müssten aber nach wie vor von den Einrichtungen selber übernommen werden. Fischbach: „Das ist nicht immer einfach. Wir sind auf Spenden angewiesen. Allein in unserem Fall sind das immerhin fünfhunderttausend Euro im Jahr.

Es gebe heute stationäre und ambulante Hospize sowie Palliativstationen in Krankenhäusern. Ambulante Hospize betreuten Todkranke zu Hause, erklärte Fischbach. In den Palliativstationen der Krankenhäuser würden die Symptome der Todkranken von Fachärzten gelindert und die Kranken auf die Rückkehr nach Hause, in eine Pflegeeinrichtung oder ein Hospiz vorbereitet. In stationären Hospizen wie dem Leuchtfeuer werden die Kranken 24 Stunden am Tag betreut. Sie bleiben dort bis zu ihrem Lebensende.

Das Hospiz Leuchtfeuer in St. Pauli befindet sich im 1841 errichteten, ehemaligen Israelitenkrankenhaus. Es bietet Raum für 11 Bewohner. 25 Menschen sind hauptamtlich beschäftigt, sie werden von 70 Ehrenamtlichen unterstützt. Fischbach: „Wir wollen nicht das Krankenhaus mit 36 Zimmern sein. Das Gesetz verlangt im übrigen, dass Hospize nicht mehr als 16 Betten haben dürfen.“

Das Hamburger Hospitz Leuchtfeuer möchte seinen Bewohnern ermöglichen, die letzte Lebensphase selbstbestimmt und in Würde zu verbringen. Es gebe nur Einzelzimmer, auch damit die Bewohner die letzten Dinge in Ruhe und privat regeln könnten. Die Angehörigen, so Fischach, müssten sehr oft auch selber „gehalten und getragen“ werden. Ihre Anwesenheit sei jederzeit erwünscht, sie würden mitverpflegt.

Fischbach: „Wir sind mehr als Körper. Wir sind auch Seele und Geist. Es reicht nicht nur, dem Körper der Menschen gerecht zu werden. Wir fragen uns ständig, woher wir kommen und wohin wir gehen. In unseren Häusern spielt die psychosoziale und die seelische Betreuung daher eine große Rolle. Wir haben in unserem Hospiz Sozialpädagogen, spirituelle Begleiter aller Religionen, vom Pastor bis zum buddhistischen Mönch.” Das Leuchtfeuer sei ein Haus mit einer sehr familiären Atmosphäre. Fischbach: „Obwohl wir nur 11 Zimmer haben, haben wir ein eigenes Küchen- und Kochteam. Die Krankenkassen finden das verrückt. Aber wir fragen alle unsere Bewohner täglich, was sie essen wollen und können. Und wenn der Geruch von Braten und frischem Gemüse oder Obst durch´s Haus zieht, dann bekommen manche Appetit, die eigentlich nichts essen wollten.

Ziel des Hospizes und seiner Mitarbeiter sei es, einen Raum zu schaffen, in dem die Kranken das Leben noch einmal genießen können, und gleichzeitig Raum für´s Sterben zu lassen. Die Stimmung im Hospiz sei keineswegs immer traurig. Bei den gemeinsamen Essen oder Treffen herrsche oft eine ausgelassene Stimmung.

Sie werde oft gefragt, wie sie es aushalte, so viele Jahre Tag für Tag mit Todkranken und dem Abschied vom Leben konfrontiert zu sein. Aber die Antwort darauf sei ganz einfach: „Ich habe während der vielen Jahre der Hospizarbeit an keinem Tag etwas aushalten müssen sondern jeden Tag eine Menge gelernt. Ich habe verstanden, dass jeder einzelne Tag Wert ist, genommen zu werden. Ich habe ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie kostbar das Leben ist, und dass wir das, was wir tun wollen, jetzt tun müssen und nicht verschieben sollten. Und ich habe verstanden, dass es auch in meinem Leben viele überflüssige Dinge gibt. Ich ärgere mich nicht mehr über Kleinigkeiten.“

Auf die Frage, ob es lange Wartelisten gebe, hatte Petra Fischbach eine sehr tröstliche Antwort: „Wenn Sie nicht darauf bestehen, einen Platz in einem ganz bestimmten Hospiz zu bekommen, ist es heute in Hamburg jederzeit möglich, innerhalb einer Woche einen Hospizplatz zu finden.“ Auf das Thema Sterbehilfe angesprochen, wies sie darauf hin, dass die Palliativmedizin heute die Schmerzen und Symptome Todkranker so gut behandeln könne, dass sie keinen Bewohner kennen gelernt habe, der Sterbehilfe verlangt hat. Man brauche aber, so Fischbach, dafür fachlich kompetente Ärzte. Und die seien für die Bewohner des Leuchtfeuers jederzeit verfügbar.

Notfallärzte würden naturgemäß nicht gerufen. Denn ein Notfall sei schließlich nur dann ein Notfall, wenn die Beseitigung des Notfalls zum Leben führe. Das aber sei im Leuchtfeuer nicht der Fall. Es gebe keine Umkehr. Es sei denn, die Kranken würden im Hospiz wieder ins Leben zurückfinden. Auch das komme vor. Von den 120 Menschen, die bei Ihnen jährlich einzögen, würden einer oder zwei mit einer Lebensperspektive wieder ins Leben hinausgehen.